WICHTIGE INFO
Mit 9 Monaten Verspätung unseres Umzugs sind wir im September 2024 in der Stadtwirtschaft angekommen. Wir bauen aktuell immer noch an unseren Räumen und grundlegender Infrastruktur und können deshalb keine offene Werkstatt anbieten. Besuch' unsere Homepage regelmäßig, um aktuelle Neuigkeiten von uns zu erfahren. Du willst trotzdem bei uns vorbeischauen? Gerne! Jeden ersten Mittwoch des Monats findet ein öffentlicher Rundgang statt. Ansonsten sind wir auch per E-Mail oder Terminanfrage für dich da.

Es werde (Laser)licht - die Auferstehung von Fawkes

Von Mario Voigt, 5. Januar 2025

Ein freudiger Blog-Post

... über die zähe Reparatur eines abgebrannten Zing 24 Laserschneidsystems von Epilog.

Hallo liebe LaserInnen und Willkommen im frisch-gebackenen Jahr 45^2. Es beginnt mit einer erfreulichen Nachricht: Unsere Peppelmaschine erblickt das Laserlicht der Welt und hat das Laufen neu gelernt - und das zuletzt mitten im restlichen Stadtwirtschaftschaos. Ich schreibe etwas Zusammenfassung über das Projekt und sage Danke an alle Mitwirkenden und Mitdenker.

Vorgeschichte

Irgendwann im Spätfrühling 2024 fragte unser Gründungsmitglied Maik in der FabLab Chatgruppe, ob wir uns vorstellen könnten einen kaputten Lasercutter wiederzubeleben. Er könne zwei Stück aus dem Totalschadenlager bekommen, die durch Fehlbenutzung gekillt wurden. Die seien sehr stark beschädigt und wirtschaftlich nicht mehr reparabel im Sinne von Garantie und Wiederverkauf, aber "aus zwei macht eins" heißt das Sprichwort und mit etwas Liebe und Knowhow bekomme man's möglicherweise wieder hin.

Da wir im Verein schon seit langem keinen Laser mehr haben, aber immer einen vernünftigen wie werkstattgeeigneten wollten, sagten wir also bei den Epilogs nicht nein, da wir bereits gute Erfahrungen mit den Zing-Geräten in den vergangenen Jahren gemacht haben (Wanderlaser, der Laser von Saskia und auch die Erfahrungen von Mario). So brachte uns Maik zwei gut frittierte Blechkästen - einen Zing 16 und einen Zing 24 - mit verkokelter Elektrik, verdrecktem Innenraum und vielen lustigen Überraschungen mit dem PKW nach Chemnitz. Damit war es besiegelt und die Challenge accepted!

Was haben wir gemacht?

Gefühlt einmal alles! Die beiden Laser waren nach Vor-Ort-Betrachtung in katastrophalstem Grundzustand. Zudem konnten wir in den Räumen der Stadtwirtschaft nicht agieren (ohne vorhandene Werkstatt gestaltet sich eine Reparatur denkbar angenehm) und mussten die Geräte deshalb ersteinmal in der Markusstr. 21 zwischenlagern und dort konnten wir auch mit der Inspektion und Reparatur beginnen, nachdem alles Notwendige zusammengetragen werden konnte und wir die beiden schweren Geräte mehrfach umgelagert haben.

Zunächst entschieden wir uns den kleineren Zing 16 als Ersatzteilspender zu händeln, weil dieser letztlich wirklich unreparabel war. Der spendete uns neben Staub und Schmutz jedoch einige wichtige Kabelstränge, Schräubchen und eine noch brauchbare CO² Laserquelle für den Zing 24. Letzter verschlang Unmengen an Wasser und Putzmitteln, um die ganzen Altlasten durch regulären Lasergebrauch, sowie den Brand zu entfernen und zur Grundsubstanz vorzustoßen. Allein das Reinigen fraß über eine halbe Woche zu je einer vollen Tagesschicht.

Die Ursache des Brandes war vermutlich ein Kunststoffteil, das in Flammen aufgegangen ist. Denn im Innenraum waren überall thermoplastische Reste verlaufen und haben sich in diversen Ritzen und Bauteilen verkrochen. Entsprechend aufwändig war auch hier die Reinigung mit Heißluftföhn, Spachtel, Schleifpapier und Co. - außerdem hat es mehrere Elektronikkabel und Stecker zerschmolzen, die optischen Linsen zum Reißen gebracht, einen Stepper außer Gefecht gesetzt, Schmauch auf den Leiterplatten verteilt und sämtliche Dichtungen verkleben lassen. Wichtige Mechanikkomponenten wie Zahnriemen oder Gasdruckfedern sind ebenso geschmolzen bzw. zerbarsten. Beim Reinigen fanden wir auch unzählige Laserteile, die in den Innenraum gerutscht sind. Das waren die ersten Indizien, dass hier keine Profis am Werk waren und diese Maschine auf Verschleiß gefahren wurde.

Nach bzw. beim Reinigen konnten wir parallel eine Stückliste und eine ToDo-Liste erstellen, was es alles vorraussichtlich bedarf, um das Gerät zu reparieren. Schnell entstand ein großes Spektrum an Werkzeugen, Ersatzteilen und Dokumentationsschritten. Auf unserer Wiederbeschaffungsliste befanden sind letztlich Objekte wie neue Reedkontakte, ein Zahnriemen für die X-Achse, neue Schaumstoffdichtungen für den Glasdeckel, eine neue Fokuslinse und ein neuer Spiegel für das Carriage, Gasdruckfedern, Kunststoffnieten, Miniaturkugellager für das Carriage und so weiter.

Viele Ersatzteile haben wir überdies selbst durch (Reverse)-Engineerung neu angefertigt - zum Beispiel neue Schaumstoffdichtungen für das Vektorgitter, Deckelhalterungen via FDM 3D-Druck, Kunststoffgleitrollen für das Carriage per DLP 3D-Druck, ein passendes Lasertarget für die Strahlausrichtung, Rückwandpanels aus Acryl sowie ein neues Lineal für das Vektorgitter.

Fotos

Warum der ganze Aufwand?

Die Reparatur des Lasers hat alles in allem ca. 70-100 Stunden Zeit verschlungen. Das ist eine Menge. Für uns hat es sich jedoch gelohnt. Das Gerät ist nun bestens dokumentiert, wir haben viel Knowhow erlangt und es ist keine Blackbox mehr für uns. So haben wir z.B. gelernt, wie man Spiegel korrekt einstellt, um einen sauber fokussierten Laserstrahl zu haben.

Für uns Makerspace'ler ist das Reparieren von Maschinen eine wichtige Tätigkeit, da sie uns fit hält, weiterbildet und für Wissensvermittlung sorgt.

Wie geht es weiter?

Der Laser ist fast einsatzbereit (bis auf den noch fehlenden Fokustaster). Leider fehlen uns noch ein paar Dinge, um das Gerät für den Alltagseinsatz zu nutzen. Unter anderem brauchen wir noch den passenden Druckluftkompressor für den Air Assist, eine Absauganlage mit Vorfilter, sowie ein paar Praxishelfer wie eine Innenraumbeleuchtung und eine Webcam für die Bauteilplatzierung. Das sind unsere Projektaufgaben für dieses Jahr. Zu ermitteln ist auch noch die Nettoleistung der Laserquelle per Messgerät und das Erstellen eines stabilen Software-Workflows inklusive passender Gravier- und Schneidparameter (Materialdatenbank). Hierzu nutzen wir u.a. Inkscape und Visicut.

Außerdem soll der Laser natürlich von Mitgliedern genutzt werden können und für Vereinsprojekte und Kollaboration verwendet werden - zum Beispiel für Workshops. Deshalb sind unter anderem Maschineneinweisungen und die Anbindung an FabAccess geplant.

Danke

Der Aufwand hat sich gelohnt. Wir bedanken uns bei

  • Maik für das "Klarmachen" und Transportieren der Laser nach Chemnitz und das Hoffnungmachen
  • Ronny für das Anfertigungen einer längeren Prototypenserie für die Resin-Gleitrollen für den Schlitten
  • Mathieu für das zweite Gehirn und die Unterstützung beim Ausschlachten, Reparieren und Organisieren
  • Anselm für das Schleppen der Laser und das Verschrotten der groben Altteile
  • VOW Community für das Klären von Ersatzteilinfos
  • Markus aus der Markusstr. für das Bereitstellen von Räumen, Infrastruktur und Vertrauen in uns für die Reparatur
  • HQM Induserv für das professionelle Reinigen des Vektorgitters
  • cameo Laser Franz Hagemann GmbH für die Bereitstellung von Ersatzteilen

Namenstaufe

Da unser neuer alter Laser wie ein Phönix aus der Asche wiedergeboren ist, heißt er nun "Fawkes" - passend zu Dumbledores Vogel aus Harry Potter.

Open Source Hardware

Die Reparaturschritte haben Einiges ans Tageslicht gebracht. Wir werden in der kommenden Zeit das Git-Repo https://gitea.fablabchemnitz.de/FabLab_Chemnitz/epilog-zing-24 mit Infos und Downloads zu Ersatzteilen füllen.

Kommentare1

Mario Voigt

vor 4 Tage 1 Stunde

Hurra. Nach dem Ausleihen des Messgeräts kam raus: die Laserquelle hat noch zwischen 30 und 35 Watt Nettoleistung! Damit ist sie quasi wie neu.